Hier Link zum Youtube-Video, welches das Urteil detailliert bespricht. Beim Zersägen eines Metallstabes mit einer Schleifscheibe spaltete sich die Schleifscheibe, was ein Geräusch verursachte, das einer kleinen Explosion glich. Auf dem Metallstück wurde zudem ein sehr hohes Pfeifen erzeugt. Der Beschwerdeführer erlitt dabei eine Hörstörung (Hörminderung und Tinnitus auf der rechten Seite). Zudem klagte er […]
Ein Tinnitus kommt selten allein! und das wird von den Unfallversicherungen gerne übersehen!
Hier Link zum Youtube-Video, welches das Urteil detailliert bespricht.
Beim Zersägen eines Metallstabes mit einer Schleifscheibe spaltete sich die Schleifscheibe, was ein Geräusch verursachte, das einer kleinen Explosion glich. Auf dem Metallstück wurde zudem ein sehr hohes Pfeifen erzeugt. Der Beschwerdeführer erlitt dabei eine Hörstörung (Hörminderung und Tinnitus auf der rechten Seite). Zudem klagte er über Schwindelstress, Angst- und Einschlafstörung, Brust- und Rückschmerzen usw. Die Suva und die Vorinstanz gingen von einem nicht objektivierbaren Tinnitus aus und verneinten den adäquaten Kausalzusammenhang für jegliche Geldleistungen
Das Bundesgericht hielt einmal mehr fest, dass bei Tinnitus, die nicht auf organisch bedingte Gesundheitsschäden zurückzuführen oder objektivierbar sind, die Adäquanzprüfung gemäss psychischen Störugen zur Anwendung kommt (E. 4.1.2). Bezogen auf die Tinnitusbeschwerden stellte das Bundesgericht fest, dass die Adäquanz zu Recht verneint wurde.
Im Zusammenhang mit der beantragten Integritätsentschädigung wurde die Angelegenheit jedoch an die Unfallversicherung zurückgewiesen mit dem Hinweis, dass die Suva aufgrund der Hörminderung – welche separat vom nicht objektivierbaren Tinnitus geprüft werden muss – verpflichtet gewesen wäre, Leistungen zu erbringen.
Schlussfolgerung:
Bei Beschwerden im Zusammenhang mit Knalltraumata resp. Schädigungen des Gehörs ist immer vor Augen zu halten, dass nur bezüglich des Tinnitus die Adäquanzprüfung vorgenommen werden muss und gesondert zu prüfen ist, ob allenfalls andere/weitere objektivierbare Schädigungen des Gehörapparates vorliegen.
Urteil des Bundesgerichtes 8C_400/2022 vom 21. Dezember 2022
Link zum Youtube-Video Eine Mutter schloss für ihre damals 14,5-jährige Tochter einen Versicherungsvertrag für eine Risikoversicherung ab (Todesfall und Invaliditätskapital bei Krankheit und Unfall). Zu beurteilen war eine Anzeigepflichtverletzung nach Art. 4 Abs. 1 VVG aus dem Jahr 2001. Mehr als 18 Jahre nach dem Versicherungsantrag wurde ein Leistungsantrag gestellt. In diesem wurde beschrieben, dass […]
Eine Mutter schloss für ihre damals 14,5-jährige Tochter einen Versicherungsvertrag für eine Risikoversicherung ab (Todesfall und Invaliditätskapital bei Krankheit und Unfall). Zu beurteilen war eine Anzeigepflichtverletzung nach Art. 4 Abs. 1 VVG aus dem Jahr 2001. Mehr als 18 Jahre nach dem Versicherungsantrag wurde ein Leistungsantrag gestellt. In diesem wurde beschrieben, dass die Versicherte seit dem Jahr 2020 an verschiedenen Beschwerden leide. Daraus leitete die beschwerdeführende Versicherung ab, dass Antragsfragen unzutreffend beantwortet worden seien. Zu den einzelnen Fragen wurde Folgendes festgehalten (E. 5.3.5): Eine der Fragen erkundigte sich ausschliesslich danach, ob das Kind «zurzeit» vollständig gesund war. Eine psychische Beeinträchtigung im Abschlusszeitpunkt wurde nicht festgehalten. Die Frage wurde als nicht falsch beantwortet beurteilt. Daraus, dass das Kind drei Jahre vor dem Versicherungsantrag in Behandlung war, kann die Versicherung nichts ableiten. Es ist nicht relevant, zumal die Frage sehr offen formuliert war.
Zu beantworten war, ob das Kind in den letzten fünf Jahren wegen Krankheiten der Atmungsorgane oder depressiven oder nervösen Störungen hat behandelt werden müssen. Die Versicherung brachte vor, es hätten die Besuche bei der Kinderpsychologin angegeben werden müssen. Die Mutter durfte die Frage so verstehen, dass nach Störungen oder psychischen Beeinträchtigungen mit Krankheitswert gefragt wurde. Solche seien nicht festgestellt worden. Auch der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin als junges Mädchen sechs Jahre lang durch einen Kinderpsychologen begleitet wurde, lasse nicht schliessen, dass bereits in jungen Jahren Unterstützungsbedarf in psychologischer Hinsicht bestand. Daraus könne nicht ohne weiteres abgeleitet werden, dass sie dannzumal unter der psychischen Störung oder einer psychischen Erkrankung litt.
Link zum Youtube-Video, welches das Urteil genau bespricht. Strittig war die Eigenschaft als Arbeitnehmer. Der Beschwerdeführer machte geltend, bei der B GmbH (Zweck Beratung von Unternehmen in Business- und Transformationsprozessen usw.) angestellt gewesen zu sein. Es lagen unterschiedliche Arbeitsverträge vor, welche vorerst eine Entlöhnung auf Provisionsbasis und erst später einen Fixlohn vorsahen. Der Beschwerdeführer habe […]
Link zum Youtube-Video, welches das Urteil genau bespricht.
Strittig war die Eigenschaft als Arbeitnehmer. Der Beschwerdeführer machte geltend, bei der B GmbH (Zweck Beratung von Unternehmen in Business- und Transformationsprozessen usw.) angestellt gewesen zu sein. Es lagen unterschiedliche Arbeitsverträge vor, welche vorerst eine Entlöhnung auf Provisionsbasis und erst später einen Fixlohn vorsahen. Der Beschwerdeführer habe weder Stunden- noch Arbeitsrapporte geführt, noch seien im In- und Ausland für die Vermittlertätigkeit Spesen angefallen. Im Strafverfahren konnten keine vom Beschwerdeführer vermittelte oder akquirierte Kunden genannt werden. Ebenso hat er sich nur vage zum Beziehungsnetzwerk geäussert. Auch Aussagen von Dritten gingen dahin, dass der Beschwerdeführer keine Kunden gehabt habe. Eine effektiver Lohnfluss im arbeitsvertraglich festgelegten Ausmass von Fr. 10’000.00 sei nicht erfolgt. Es bestanden zwar Quittungen mit dem Vermerk Vergütung, doch ist aus diesen Quittungen nicht nachvollziehbar hervorgegangen, wofür diese Vergütungen erfolgten. In der Gesamtwürdigung der Umstände wurde die vorinstanzliche Beurteilung, dass kein Lohn ausgerichtet wurde und somit keine Versicherungsdeckung nach Art. 1a UVG besteht, als nicht willkürlich erachtet und geschützt. Daran kann auch nichts ändern, dass die Staatsanwaltschaft in einem Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Konkurs von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen ist. Auch der Umstand, dass die Zeugenaussagen gemäss der Einstellungsverfügung anders gewürdigt wurden, lässt nicht auf Willkür schliessen (E. 6.2.3.1).
Im Rahmen der Abklärungen des Leistungsanspruchs holte die Suva im Rahmen des Einspracheverfahrens ein orthopädisch-traumatologisches Gutachten bei Prof. Dr. med. D., Leiter der Klinik für Traumatologie am Spital C., ein. Gestützt darauf hielt die Suva im Einspracheentscheid an der Leistungseinstellung unverändert fest. In der Folge hatte sich das Bundesgericht mit der Rechtmässigkeit der Gutachtensvergabe und […]
Im Rahmen der Abklärungen des Leistungsanspruchs holte die Suva im Rahmen des Einspracheverfahrens ein orthopädisch-traumatologisches Gutachten bei Prof. Dr. med. D., Leiter der Klinik für Traumatologie am Spital C., ein. Gestützt darauf hielt die Suva im Einspracheentscheid an der Leistungseinstellung unverändert fest. In der Folge hatte sich das Bundesgericht mit der Rechtmässigkeit der Gutachtensvergabe und der Beweiswertigkeit des Gutachtens zu befassen.
Prof. Dr. med. D. wurde persönlich mandatiert. Weder die Suva noch die kantonale Vorinstanz gingen davon aus, die Vergabe des Auftrags sei an eine institutionelle Begutachtungsstelle, hier die Klinik für Traumatologie am Spital C., erfolgt. Das Gutachten ist allein von Prof. Dr. med. D. unterzeichnet. Nicht erwähnt wird die Mitwirkung von Dr. med. E. Dieser nahm unbestrittenermassen am ersten Tag der Exploration den überwiegenden Teil der Untersuchungen vor, also Aufgaben, die für die Gutachtenserstellung von grundlegender Bedeutung sind. Das Bundesgericht ging folglich von der Mitwirkung von Prof. Dr. med. E. bei der Erstellung des Gutachtens aus. Für diese Mitwirkung spricht insbesondere auch der Umstand, dass das Sekretariat von Prof. Dr. med. D. die Suva bezüglich der Exploration des verunfallten Versicherten an Prof. Dr. med. E. verwies, und dieser weiter auch gegenüber der Suva den Empfang der Akten bestätigte.
Das Bundesgericht hatte folglich zu prüfen, ob durch diese Mitwirkung von Prof. Dr. med. E. die durch Art. 44 ATSG Voraussetzungen für die Einholung von externen Gutachten eingehalten wurden oder nicht.
Das Bundesgericht erinnerte an seine Rechtsprechung von BGE 146 V 9, E. 4.2.3, dass Art. 44 ATSG und die Mitwirkungsrechte der versicherten Person die Bekanntgabe die Namen der beauftragten Personen vor der Begutachtung beinhaltet. Dies erstreckt sich nicht auf Dritte, welche den Gutachter bei Nebentätigkeiten – wie beispielsweise die Durchführung medizinischer Analysen wie bspw. eine Blutentnahme – unterstützt, die nicht zu den Kernaufgaben der Begutachtung gehören. Nicht zu diesen Nebentätigkeiten gehört die Erstellung der grundlegenden Anamnese der versicherten Person, die Zusammenfassung und Analyse der Krankenakte oder die Überprüfung des Gutachtens auf seine Stichhaltigkeit hin. Die intellektuelle Aktivität, die der Arzt in diesen Situationen entfaltet, kann das Ergebnis des Gutachtens beeinflussen, weshalb in diesen Fällen keine untergeordnete Nebentätigkeit vorliegt (BGE 146 V 9, E. 4.2.3).
Angewendet auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, so das Bundesgericht, dass das Vorgehen aufgrund der Mitwirkung von Prof. Dr. med. E. bei der Beauftragung und der Durchführung des Gutachtensauftrages nicht den Anforderungen von Art. 44 ATSG entsprochen hat und das Gutachten damit grundsätzlich nicht beweiswertig ist und durch dieses Vorgehen das rechtliche Gehör des Versicherten verletzte. Dieses Ergebnis ist begrüssenswert.
Das Bundesgericht lässt leider aber eine Hintertür offen. Es hält fest, dass das Gutachten „dergestalt zumindest vorläufig“ nicht beweiswertig ist, und weist die Angelegenheit an die Suva zurück, damit diese insbesondere den konkreten Umfang der Mitwirkung von Prof. Dr. med. E. abklärt. Das ist nicht nachvollziehbar, hat das Bundesgericht doch deutlich festgehalten, dass Prof. Dr. med. E. mit der unbestrittenen „Übernahme der Untersuchungen“ eben gerade keine untergeordneten Aufgaben durchgeführt hat. Was für neue Erkenntnisse aus den weiteren Abklärungen und/oder der nachträglichen Zustimmung von Prof. Dr. med. E. zum Gutachten, durch die Suva noch hervorgehen sollten, die an diesem Ergebnis und der daraus folgenden Beweiswertigkeit etwas ändern könnten, erschliesst sich nicht. Vielmehr wäre wohl grundsätzlich ein neues Gutachten unter Einhaltung der Regeln von Art. 44 ATSG einzuholen.
Das Spital A. gewährt seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit bis zu einem Jahreshaushaltseinkommen von Fr. 146’000.00 netto eine anteilsmässige finanzielle Beteiligung an den Kinderbetreuungskosten. Der auf dieser Grundlage ausgerichtete Beitrag für eine Kindertagesstätte ist einkommensabhängig und umgekehrt proportional (je nach Einkommenshöhe zwischen 60 und 40 %, Urteil E. 6.2) zum Einkommen. Das Bundesgericht hatte […]
Arbeitgeberbeiträge an die Kinderbetreuung – AHV-pflichtiges Einkommen?
Das Spital A. gewährt seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit bis zu einem Jahreshaushaltseinkommen von Fr. 146’000.00 netto eine anteilsmässige finanzielle Beteiligung an den Kinderbetreuungskosten. Der auf dieser Grundlage ausgerichtete Beitrag für eine Kindertagesstätte ist einkommensabhängig und umgekehrt proportional (je nach Einkommenshöhe zwischen 60 und 40 %, Urteil E. 6.2) zum Einkommen. Das Bundesgericht hatte in einem kürzlich erschienenen, zur Publikation vorgesehenen Urteil darüber zu entscheiden, ob es sich bei diesen Beiträgen des Arbeitgebers als massgebender Lohn i.S. des AHVG handelt und darauf AHV-Beiträge zu entrichten sind oder nicht.
Als massgebender, AHV-pflichtiger Lohn gilt nach Art. 5 Abs. 2 AHVG nicht nur unmittelbares Entgelt für geleistete Arbeit, sondern jede Entschädigung oder Zuwendung, welche sonstwie aus dem Arbeitsverhältnis bezogen oder in diesem wirtschaftlich hinreichend begründet wird. Es kann aber – bei Vorliegen einer besonderen Rechtsgrundlage – nach Art. 5 Abs. 4 i.V.m. Art. 6 ff. AHVV eine Beitragsfreiheit bestehen. Art. 6 Abs. 2 lit. f AHVV nimmt in diesem Sinne «Familienzulagen, die als Kinder-, Ausbildungs-, Haushalts-, Heirats- und Geburtszulagen im orts- und branchenüblichen Rahmen gewährt werden» vom AHV-pflichtigen Erwerbseinkommen aus.
Die kantonale Vorinstanz hat diesbezüglich erwogen, dass diese Beiträge im Grunde dem gleichen Zweck wie die (beitragsfreien) Familien- und Haushaltszulagen dienen, und deshalb von der AHV-Beitragspflicht ausgenommen sind. Hiergegen führte das Bundesamt für Sozialversicherung Beschwerde ans Bundesgericht. Das Bundesgericht hatte folglich zu prüfen, ob die durch das Spital A. gewährten Beiträge für die Kinderbetreuung unter diesen Begriff der beitragsbefreiten «Familienzulage» fallen oder nicht.
Es erwog hierzu zunächst, dass gemäss Rz. 2166 der Wegleitung über den massgebenden Lohn in der AHV, IV und EO (WML) Haushaltszulagen i.S.v. Familienzulagen „feste, von der Höhe des Lohnes unabhängige Leistungen darstellen, welche für alle anspruchsberechtigten Arbeitnehmenden eines Betriebes gleich hoch sein müssen, um von der AHV-Beitragspflicht ausgenommen zu sein“. Das Bundesgericht nahm weiter auch eine Auslegung des Bundesgesetzes über die Familienzulagen (FamZG) vor. Dieses definiert als Familienzulagen «einmalige oder periodische Geldleistungen, die ausgerichtet werden, um die finanzielle Belastung durch ein oder mehrere Kinder teilweise auszugleichen» (Art. 2 FamZG). Das Bundesgericht kam auch in der Auslegung des FamZG zum Schluss, dass eine „Familienzulage“ zusammenfassend dadurch ausgezeichnet wird, dass sie unabhängig vom finanziellen Bedarf ausgerichtet wird.
Dies war bei der vorliegend zu prüfenden Beteiligung des Spitals A. an den Kinderbetreuungskosten gerade nicht der Fall. Es wurde nach dem elterlichen Einkommen differenziert und sie kommt nicht allen Mitarbeitenden in gleicher Höhe zu. Es wurde weiter im Reglement festgelegt, dass der Arbeitgeberbeitrag nur bis zum Eintritt des Kindes in die Primarschule gewährt wird und an das Arbeitsverhältnis gekoppelt ist. Es musste ebenfalls die betriebseigene oder eine angeschlossene Kindertagesstätte berücksichtigt werden, und eine über das Arbeitspensum hinausgehende Betreuung war zum Vorherein ausgeschlossen. Es konnte somit auch bei der Unterschreitung der Einkommensgrenzen nicht jeder Mitarbeiter/jede Mitarbeiterin von diesem Beitrag profitieren. Die Verknüpfung mit dem Grad der Erwerbstätigkeit wollte der Gesetzgeber mit dem Erlass des FamZG gerade beheben.
Das Bundesgericht kam deshalb zum Schluss, dass es sich nicht um eine von der Beitragspflicht befreite Familienzulage handelt, und bestätigte den Einspracheentscheid der Ausgleichskasse, welcher die Beiträge an die Kinderbetreuung zum massgebenden Lohn zählte und sie der Beitragspflicht unterstellte.
Urteil BGer 9C_466/2021 vom 17. Oktober 2022 (zur Publikation vorgesehen)
Als Unfall gilt nach Art. 4 ATSG die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat. Zentrales Element hier ist der ungewöhnliche äussere Faktor. Ein solcher liegt vor, wenn er nach einem objektiven Massstab nicht […]
„Unfall“ beim Treppensteigen – Unfallereignis zu bejahen oder nicht?
Als Unfall gilt nach Art. 4 ATSG die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat. Zentrales Element hier ist der ungewöhnliche äussere Faktor. Ein solcher liegt vor, wenn er nach einem objektiven Massstab nicht mehr im Rahmen dessen liegt, was für den jeweiligen Lebensbereich alltäglich und üblich ist. Insbesondere bei einer unkoordinierten Bewegung ist ein solcher zu bejahen. Dabei gilt aber das Erfordernis, dass ein in der Aussenwelt begründeter Umstand den natürlichen Ablauf einer Körperbewegung «programmwidrig» beeinflussen muss. Das trifft nach der bundegerichtlichen Rechtsprechung insbesondere bei einem Stolpern, Ausgleiten oder Anstossen zu, oder wenn zur Verhinderung eines Ausgleitens versucht wird, eine reflexartige Abwehrhaltung ausgeführt wird.
Im vorliegenden durch das Bundesgericht zu prüfenden Fall trat der Versicherte beim Tragen von Material auf einer Treppe mit dem linken Fuss schlecht auf der Treppenstufe auf und ist nach unten auf den darunterliegenden Tritt eingebrochen. Es ist lediglich mit den Zehenspitzen auf die Treppenstufe aufgetreten. Bei diesem Vorgang zog er sich eine hochgradige Partialruptur der Achillessehne zu. Das Bundesgericht hatte darüber zu befinden, ob dieses Vorkommnis den Unfallbegriff nach Art. 4 ATSG zu bejahen ist und die Unfallversicherung dafür leistungspflichtig ist oder nicht.
Grundsätzlich stellt Treppensteigen eine alltägliche Lebensverrichtung und Beanspruchung des Körpers ohne erhöhtes Gefährdungspotential dar. Das Bundesgericht weist auf verschiedene Urteile hin, bei denen es schon Schädigungen im Zusammenhang mit Treppen hin. Zusammenfassend braucht es auch beim Treppensteigen oder bspw. dem Benutzer eines Steppers einen aussergewöhnlichen Vorgang resp. ein besonderes Vorkommnis, wie einen Treppensturz oder ein ausgewiesener Misstritt beim Treppensteigen.
Angewendet auf den vorliegenden Fall erblickte die Vorinstanz im «nicht richtig Auftreten» auf der Treppe eine solche ungewöhnliche unkoordinierte Bewegung. Das Bundesgericht hielt fest, dass ein Misstritt oder ein Sturz nicht vorgelegen hat, und der Versicherte auch nicht das Gleichgewicht verloren hat oder ins Leere getreten ist. Auch war die Treppe nicht ungewöhnlich beschaffen, wie bspw. vereist oder nass. All dies hätte für einen ungewöhnlichen äusseren Faktor gesprochen. Aber ein solcher lag nach Ansicht des Bundesgerichts entgegen der Vorinstanz nicht vor. Das blosse Auftreten mit nur dem vorderen Teil des Fusses und nicht mit der gesamten Fussfläche genügt hierfür nicht, es liegt kein ungewöhnlicher Vorgang vor. Das Absinken der Ferse auf den tiefer liegenden Tritt sprengt den Rahmen des zu Erwartenden beim Treppensteigen nicht, und stellt kein besonderes Vorkommnis dar. Ein Unfallereignis i.S.v. Art. 4 ATSG liegt deshalb nicht vor.
Bei der erlittenen Partialruptur der Achillessehne handelt es sich möglicherweise um eine Listenverletzung nach Art. 6 Abs. 2 UVG (unfallähnliche Körperschädigung). Da die Vorinstanz den Unfallbegriff bejaht hat, setzte es sich auch nicht mit dieser Frage auseinander. Hierfür wies das Bundesgericht die Angelegenheit an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung zurück.
Link zum Youtube-Video, welches das Urteil detailliert bespricht Das Bundesgericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob nach einer Kreuzbandplastik ein Anspruch auf eine Integritätsentschädigung (Art. 24 Abs. 1 UVG i.V.m. Art. 36 UVV) besteht. Ein solcher Anspruch besteht bei einer unfallbedingten dauernden erheblichen Schädigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Integrität. Massgeblich für den Integritätsschaden […]
Das Bundesgericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob nach einer Kreuzbandplastik ein Anspruch auf eine Integritätsentschädigung (Art. 24 Abs. 1 UVG i.V.m. Art. 36 UVV) besteht. Ein solcher Anspruch besteht bei einer unfallbedingten dauernden erheblichen Schädigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Integrität. Massgeblich für den Integritätsschaden sind Funktionsausfälle und Gebrauchsunfähigkeit eines Organs. Können die Funktionen des verletzten Körperteils mittels Prothesen oder Implantaten ersetzt werden, ist das grundsätzlich bei der Bemessung des Integritätsschadens nicht zu berücksichtigen. Bei der Versorgung mit Endoprothesen wird der Integritätsschaden hingegen nach dem unkorrigierten Zustand bemessen. Da bei einer Kreuzbandplastik körpereigene Sehnen zur Behebung der Beeinträchtigung des betroffenen Körperteils verwendet werden, kann die Rechtsprechung zu Prothesen nicht angewendet werden, sondern es liegt ein autologes Transplantat vor.
Das Bundesgericht kommt deshalb zum Schluss, dass be einer Kreuzbandplastik kein Anspruch auf eine Integritätsentschädigung besteht. Alles weitere zum bundesgerichtlichen Urteil erfahren Sie im YouTube-Video.
A zog sich am 13. Februar 2021 bei einem Velosturz eine Schulterverletzung zu, wofür die Suva als Unfallversicherer die gesetzlichen Leistungen erbrachte. Die Suva stellte diese mit Verfügung vom 16. Juli 2021 die Leistungen wieder ein. Die Rechtsschutzversicherung von A ersuchte die Suva am 14. September 2021 – mit dem Hinweis auf die per diesem […]
Nichteintreten auf Einsprache nach gewährter Fristerstreckung
A zog sich am 13. Februar 2021 bei einem Velosturz eine Schulterverletzung zu, wofür die Suva als Unfallversicherer die gesetzlichen Leistungen erbrachte. Die Suva stellte diese mit Verfügung vom 16. Juli 2021 die Leistungen wieder ein. Die Rechtsschutzversicherung von A ersuchte die Suva am 14. September 2021 – mit dem Hinweis auf die per diesem Datum ablaufende Einsprachefrist – um eine Verlängerung der Einsprachefrist um 10 Tage. Daraufhin setzte die Suva mit Schreiben vom 15. September 2021 eine Frist zur Einsprachebegründung bis zum 26. September 2021 (Sonntag) an. Auf die am 27. September 2021 der Post übergebene begründete Einsprache trat die Suva mit Einspracheentscheid vom 14. Dezember 2021 nicht ein.
Das kantonale Sozialversicherungsgericht hiess die gegen diesen Nichteintretensentscheid geführte Beschwerde gut, und wies die Sache an die Suva zurück, damit diese einen materiellen Entscheid über die Leistungsansprüche von A fälle. Schlussendlich hatte das Bundesgericht über die Zulässigkeit des Nichteintretens zu befinden.
Die Einsprachefrist gegen Verfügungen beträgt nach Art. 52 Abs. 1 ATSG 30 Tage. Diese gesetzliche Frist kann nicht erstreckt werden (Art. 40 Abs. 1 ATSG). Formell stellt Art. 52 Abs. 1 ATSG keine Anforderungen an die Einsprache. Nach Art. 10 Abs. 1 ATSV müssen Einsprachen ein Rechtsbegehren und eine Begründung enthalten. Genügt die Einsprache diesen Anforderungen nicht, oder fehlt die Unterschrift, setzt der Versicherer eine angemessene Frist zur zur Behebung des Mangels an und verbindet damit die Androhung, dass sonst auf die Einsprache nicht eingetreten wird (Art. 10 Abs. 5 ATSV). Diese Nachfrist zur Verbesserung ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung weiter auch dann zu gewähren, wenn – nebst den explizit genannten Unklarheiten beim Rechtsbegehren oder der Begründung – weitere formelle Eintretensvoraussetzungen, die nachträglich erfüllt werden können, nicht erfüllt sind.
Diese Nachfrist zur Verbesserung der Einsprache soll den Schutz der rechtsunkundigen Partei gewährleisten, die erst kurz vor Ablauf der Anfechtungsfrist in Unkenntnis der formellen Anforderungen ein ungenügendes Rechtsmittel einreicht. Die Gewährung einer Nachfrist sei grosszügig zu gewähren, wenn es um den Schutz rechtsunkundiger Parteien geht. Bei einem klaren Anfechtungswillen soll die rechtsunkundige Partei aufgrund formeller Mängel nicht um das Rechtsmittel gebracht werden.
Es würde aber ein offenbarer Missbrauch vorliegen, bei welchem sich keine Gewährung einer Nachfrist rechtfertigt, wenn ein Anwalt oder sonstige rechtskundige Person eine bewusst mangelhafte Rechtsschrift einreicht, um damit eine Nachfrist zur Begründung zu erwirken. Dies würde dazu führen, dass mit einem solchen Vorgehen zusätzliche Zeit für die Begründung erwirkt werden könnte. Das Bundesgericht hält aber auch fest, dass kein solcher Missbrauch vorliege, wenn aufgrund der Sachlage eine rechtsgenügliche Einsprache- oder Beschwerdebegründung praktisch nicht ohne Aktenkenntnis möglich ist, die nicht rechtskundige versicherte Person, welche selber die Akten nicht besitzt, in gutem Glauben erst kurz vor Ablauf der Anfechtungsfrist einen Rechtsvertreter mandatiert, und diesem weder eine rechtzeitige Aktenbeschaffung noch eine sonstige hinreichende Beurteilung des Sachverhalts (z.B. aufgrund eines Instruktionsgesprächs mit dem Klienten) möglich ist. In diesen Fällen sei es genügend, wenn die Akten unverzüglich eingeholt werden und nach deren Eingang die innert Frist vorsorglich eingereichte Beschwerde mit einer Begründung ergänzt.
Bezogen auf den vorliegenden Fall erkannte das Bundesgericht, dass die Rechtsschutzversicherung, bei welcher der Rechtsvertreter von A angestellt war, nicht erst kurz vor Ablauf der Einsprachefrist, sondern bereits am 2. August 2021 mandatiert worden war, und die Akten schon mit E-Mail vom 6. August 2021 zugestellt erhielt. Es hätte daher genügend Zeit zur Verfügung gestanden, bis zum Ablauf der Einsprachefrist am 14. September 2021 eine den formellen Anforderungen rechtsgenügliche Einsprache einzureichen. Das Bundesgericht hielt deshalb fest, dass die Gewährung einer Nachfrist bis zum 26. September 2021 deshalb auf eine unzulässige Verlängerung der nicht erstreckbaren Einsprachefrist hinausläuft, und stützte den Nichteintretensentscheid der Suva.
Vorgebracht wurde weiter, dass durch die – wenn auch unzulässigerweise erfolgt – gewährte Nachfrist bis zum 26. September 2021 sich A resp. ihr Rechtsvertreter auf diese Frist vertrauen durfte, und deshalb auf die Einsprache einzutreten und ein materieller Entscheid zu fällen sei. Hierzu führt das Bundesgericht aus, dass der Rechtsvertreter von A wissen musste, dass die Einsprachefrist als gesetzliche Frist nicht erstreckbar ist, und er deshalb nicht auf die offensichtlich zu Unrecht erteilte Nachfrist hätte vertrauen dürfen. Er sei deshalb in seinem Vertrauen in die gesetzwidrige Einräumung einer Nachfrist nicht zu schützen ist. Dadurch, dass im Zeitpunkt der gewährten Fristerstreckung am 15. September 2021 die Einsprachefrist bereits abgelaufen war, verleitet die Gewährung der Nachfrist auch nicht zu nachteiligen Dispositionen, so das Bundesgericht weiter.
Würdigung
Es ist von grosser Wichtigkeit, dass die Einsprache (wie auch andere Rechtsmittel) innert Frist und entsprechend den formellen Anforderungen an Rechtsbegehren und Begründung eingereicht werden. Dies gilt auch dann, wenn mit der Einsprache noch eine Akteneinsicht und eine Frist zur ergänzenden Begründung der Einsprache verlangt wird. Ohne diese Voraussetzungen zu erfüllen, ist die Rechtsmittelfrist nicht eingehalten, was zu einem Nichteintreten führt. Das Bundesgericht hat dies deutlich festgehalten.
Das Bundesgericht hat anerkannt, dass sich ein über 18-jähriges Kind noch «in Ausbildung» befindet, obwohl es gleichzeitig ein monatliches Einkommen erzielt, welches über der für Ansprüche aus der 1. Säule geltenden Maximallimite liegt, womit ein Rentenanspruch gegenüber der Pensionskasse besteht. Geht es im Bereich der beruflichen Vorsorge (2. Säule) darum, eine Frage zu lösen, auf […]
BVG-Kinderrentenleistungen: «in Ausbildung» trotz Einkommen von über Fr. 2’390.00
Das Bundesgericht hat anerkannt, dass sich ein über 18-jähriges Kind noch «in Ausbildung» befindet, obwohl es gleichzeitig ein monatliches Einkommen erzielt, welches über der für Ansprüche aus der 1. Säule geltenden Maximallimite liegt, womit ein Rentenanspruch gegenüber der Pensionskasse besteht.
Geht es im Bereich der beruflichen Vorsorge (2. Säule) darum, eine Frage zu lösen, auf welche weder das Gesetz (BVG) noch das Vorsorgereglement der betroffenen Pensionskasse Antwort geben, so greift das Bundesgericht immer wieder auf Vorgaben aus der AHV/IV (1. Säule) zurück, mit welchen dann die Lücken gefüllt werden sollen. Begründet wird dies mit der gleichen Zielrichtung von 1. und 2. Säule unseres Vorsorgesystems.
Damit für ein über 18-jähriges Kind einer verstorbenen oder IV- bzw. AHV-berenteten Person Rentenanspruch gegenüber der Pensionskasse besteht (Waisen- oder Kinderrente), muss es sich in Ausbildung befinden, ansonsten wird keine Rente ausbezahlt. Zur Beantwortung der Frage, ob von Ausbildung auszugehen ist, liefert der für die 1. Säule geltende Art. 49bis AHVV dazu verschiedene Anhaltspunkte: In Ausbildung ist ein Kind, wenn es sich auf der Grundlage eines ordnungsgemässen, rechtlich oder zumindest faktisch anerkannten Bildungsganges systematisch und zeitlich überwiegend entweder auf einen Berufsabschluss vorbereitet oder sich eine Allgemeinausbildung erwirbt, die Grundlage bildet für den Erwerb verschiedener Berufe. Ausbildung ist ebenfalls gegeben, wenn das Kind Brückenangebote wahrnimmt wie Motivationssemester und Vorlehren sowie Au-pair- und Sprachaufenthalte, sofern sie einen Anteil Schulunterricht enthalten. Nicht als in Ausbildung gilt jedoch ein Kind, wenn es ein durchschnittliches monatliches Erwerbseinkommen erzielt, das höher ist als die maximale volle Altersrente der AHV.
Jüngst hatten nun die BundesrichterInnen einen Fall zu beurteilen, in welchem eine volljährige Waise neben dem Fachhochschulstudium in Betriebsökonomie zu 50% arbeitstätig war und dabei nicht unerheblich verdiente, was gemäss kantonalem Gericht dazu führen sollte, dass ein PK-Waisenrentenanspruch nicht mehr gegeben war. Im zur amtlichen Publikation bestimmten Urteil vom 20. Juli 2022 nahm dann das Bundesgericht – wie erwartbar – zunächst auf Art. 49bis AHVV Bezug und hielt fest, dass für den Bedeutungsgehalt des Ausbildungsbegriffs die dortige Definition massgebend ist. Neben diesem qualitativen Gesichtspunkt wandte sich das Gericht sodann dem quantitativen Element zu, d.h. der Frage, ob in der beruflichen Vorsorge dieselbe Einkommenslimite wie in der 1. Säule gilt, wo ab einem Betrag entsprechend einer maximalen AHV-Rente (aktuell Fr. 2’390.00 pro Monat) kein Leistungsanspruch mehr besteht. Und hier wurde die spezifische Zielsetzung der 2. Säule hervorgehoben: Anders als im AHV-/IV-Bereich, wo die Existenzsicherung zu gewährleisten ist, geht es in der beruflichen Vorsorge um den (verfassungsmässig vorgegebenen) Zweck der Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards. Nach Bundesgericht hat dies zur Folge, dass die hinsichtlich Deckung des reinen Lebensbedarfs in der 1. Säule eingeführte Einkommenslimite für die Belange der beruflichen Vorsorge nicht gilt. Im vorliegenden Fall bestand also für die je halbzeitig in Ausbildung stehende und erwerbstätige junge Person trotz fehlendem Anspruch auf eine AHV-Waisenrente gegenüber der Pensionskasse ihres verstorbenen Vaters eine Waisenrentenberechtigung. Der guten Ordnung halber hat das Bundesgericht dann abschliessend noch festgehalten, dass rechtsmissbräuchliche Vorgehensweisen natürlich nicht zur Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs führen.
Insgesamt erweist sich die Argumentation des Bundesgerichts ohne Weiteres als nachvollziehbar. In Zeiten der gerade auch in der 2. Säule allgegenwärtigen Leistungssenkungsmassnahmen ist dies für einmal eine positive Nachricht für Versicherte.
Urteil BGer 9C_543/2021 vom 20. Juli 2022 (zur amtl. Publikation vorgesehen)
Grundsätzlich sind Krankenkassen verpflichtet, ihre Leistungspflicht zu überprüfen, wenn sie die Rechnung eines Arztes oder einer Ärztin erhalten. Die Tätigkeit von Arztpraxen wird jedoch häufig auch erst im Nachhinein überprüft. Das führt dann zu sehr hohen Rückforderungen von Krankenkassen gegenüber Ärztinnen und Ärzten. Mit eben einem solchen Fall hat sich das Bundesgericht am 21. März […]
Tarifkontrolle durch Krankenkassen / Rückforderung von ärztlichen Leistungen
Grundsätzlich sind Krankenkassen verpflichtet, ihre Leistungspflicht zu überprüfen, wenn sie die Rechnung eines Arztes oder einer Ärztin erhalten. Die Tätigkeit von Arztpraxen wird jedoch häufig auch erst im Nachhinein überprüft. Das führt dann zu sehr hohen Rückforderungen von Krankenkassen gegenüber Ärztinnen und Ärzten. Mit eben einem solchen Fall hat sich das Bundesgericht am 21. März 2022 zu beschäftigen. Gegenstand des Verfahrens war die Rückforderung von Leistungen für Behandlungen mit humanidentischen Hormonen nach der sogenannten «Rimkus-Methode». Die Krankenkassen verlangten für den Zeitraum von Mai 2016 bis April 2020 einen Betrag von Fr. 198’743.70 zurück. Im kantonalen Verfahren wurde festgehalten, dass diese Leistungen nur bei Wechseljahrbeschwerden für Frauen als Pflichtleistung nach der obligatorischen Grundversicherung in Frage kommen. Das kantonale Gericht hat dann aufgrund von 17 Stichprobenfällen die Annahme getroffen, dass 12 % der vorgenommenen Behandlungen nicht Pflichtleistungen seien und einen Rückerstattungsbetrag von Fr. 108’802.95 postuliert. Vor Bundesgericht war umstritten, ob die 17 ausgewählten Fälle überhaupt repräsentativ sind und ob die Vorinstanz die 17 Fälle auch richtig eingeordnet hat (Pflichtleistung/Nichtpflichtleistung). Das Bundesgericht hat in einem sehr kurzen Urteil im Wesentlichen festgehalten, dass das Vorgehen der Vorinstanz nicht offensichtlich unzutreffend sei und hat dieses Vorgehen geschützt.
Schlussfolgerung:
Das Urteil zeigt einmal mehr die schwierige Rechtsposition, welche Ärztinnen und Ärzte in Rückforderungsverfahren haben. In solchen Verfahren stellen sich meistens äusserst komplexe Fragen. Die Gerichte haben hier die Tendenz, sehr einfache Lösungen zu treffen, was sich eben häufig zu Ungunsten der Ärztinnen und Ärzte auswirkt.