Link zum Youtube Video welches das Urteil genauer bespricht. Heilbehandlungen werden von den Unfallversicherungen so lange übernommen, als von solchen noch eine wesentliche Verbesserung des Gesundheitszustandes erwartet werden kann. Von einer solchen wird ausgegangen, wenn die Arbeitsfä-higkeit noch verbessert wird. Das Gesetz sieht jedoch Ausnahmen vor (Art. 21 UVG). So beispielsweise für Bezüger von Invalidenteilrenten […]
Teilrentner haben auch nach Erreichen des AHV-Alters Anspruch auf Heilbehandlungen
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Heilbehandlungen werden von den Unfallversicherungen so lange übernommen, als von solchen noch eine wesentliche Verbesserung des Gesundheitszustandes erwartet werden kann. Von einer solchen wird ausgegangen, wenn die Arbeitsfä-higkeit noch verbessert wird. Das Gesetz sieht jedoch Ausnahmen vor (Art. 21 UVG). So beispielsweise für Bezüger von Invalidenteilrenten der Unfallversiche-rung, wenn die Heilbehandlungen zur Aufrechterhaltung der Erwerbsfähigkeit notwendig sind (Art. 21 Abs. 1 lit. c UVG). Diese Bestimmung haben einige private Unfallversicherer dahingehend verstanden, dass ab dem AHV-Rücktrittsalter keine Heilbehandlungen mehr übernommen werden müssen. Kantonale Gerichte haben schon in diesem Sinne entschieden. Nun hat das Bundesgericht geklärt, dass die Unfallversicherung (hier die AXA) der beschwerdeführenden Bezügerin einer Teilrente die Physiotherapiekosten auch nach Erreichen des Rentenalters weiterhin ausrichten muss.
Urteil 8C_620/2022 vom 21. September 2023, zur Publikation vorgesehen
Hier Link zum Youtube Video, welches das Urteil ausführlich bespricht. Der Verein A beschäftige StrassenverkäuferInnen eines Magazins. Das Verhältnis wurde als Arbeitsverhältnis qualifiziert. Das Einkommen hing nicht von der geleisteten Stundenanzahl ab, sondern von der Anzahl der verkauften Hefte. Die Vorinstanz schloss (gemäss Bundesgericht ohne Willkür), dass beim Strassenverkauf der Hefte die Arbeitnehmenden bis […]
Keine Kurzarbeitsentschädigung für StrassenmagazinverkäuferInnen während Corona – Ein stossendes Urteil !
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Der Verein A beschäftige StrassenverkäuferInnen eines Magazins. Das Verhältnis wurde als Arbeitsverhältnis qualifiziert. Das Einkommen hing nicht von der geleisteten Stundenanzahl ab, sondern von der Anzahl der verkauften Hefte. Die Vorinstanz schloss (gemäss Bundesgericht ohne Willkür), dass beim Strassenverkauf der Hefte die Arbeitnehmenden bis zu einem gewissen Grad ihr Einkommen selbst beeinflussen können und auch keine Kündigung zu befürchten haben (E. 4.2). Weiter wurde ausgeführt, dass dieses Arbeitsverhältnis nicht dem Modell der Arbeitszeit auf Abruf entspreche, da bei der Arbeit auf Abruf die Arbeitsleistung nach dem Bedarf des Arbeitgebers erfolgt, unabhängig davon, ob die Person im Stundenlohn oder im Fixum für die geleistete Arbeit entschädigt wird. Weil die Strassenverkäuferinnen und Strassenverkäufer keine Arbeitszeit zu leisten hätten und keine für die Bestimmung der Kontrollierbarkeit des Arbeitsausfalls notwendige betriebliche Arbeitszeit erfasst werde, sei der Arbeitsausfall nicht bestimmbar oder ausreichend kontrollierbar. Daher bestehe nach Art. 31 Abs. 1 lit. a AVIG auch keine Berechtigung Kurzarbeitsentschädigung zu erhalten. Eine Abweichung von diesen gesetzlichen Vorgaben sei auch in den Sonderregelungen aufgrund der Pandemie (Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung nicht ersichtlich oder gewollt (E. 4.3). In der Erwägung 4.4 setzt sich das Bundesgericht alsdann damit auseinander, ob in analoger Anwendung von Art. 8f Abs.1 Covid-19 Verordnung bzw. aufgrund einer echten Gesetzeslücke ein Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung begründet werden konnte. Das wurde verneint, da der Bundesrat und das Parlament bewusst keine Ausdehnung der Anspruchsberechtigung vorgenommen hätten.
Der Entscheid des Bundesgerichts mag zwar allenfalls formaljuristisch zutreffend sein, doch ist das Ergebnis mehr als nur stossend. Mit diversen Corona- Sonderverordnungen und Massnahmen wurde staatliche Mittel in ganz erheblichen Umfang ohne vertiefte Prüfung «verteilt». Just die StrassenverkäuferInnen, welche mehrheitlich eh schon finanziell an der «untersten Grenze» leben, werden aber nicht unterstützt und müssen den durch Corona bedingten Einkommensausfall selber tragen. Das ist ungerecht und hätte bei etwas weiterer Auslegung der massgeblichen gesetzlichen Grundlagen durchaus auch anders entschieden werden können.
Hier Link zum Youtube Video, welcher die Mitteilung genauer bespricht. In doppelter Hinsicht eine erfreuliche Mitteilung. Mit Medienmitteilung vom 4. Oktober 2023 (https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/publikationen-und-service/medieninformationen/nsb-anzeigeseite.msg-id-98053.html) hat das BSV mitgeteilt, dass die seit langem in der Kritik stehende Gutachterstelle PMEDA Zürich keine Aufträge der Invalidenversicherung mehr erhält. Ursächlich dafür sind offenbar von der neu eingesetzten Kommission für die […]
Hier Link zum Youtube Video, welcher die Mitteilung genauer bespricht.
In doppelter Hinsicht eine erfreuliche Mitteilung.
Mit Medienmitteilung vom 4. Oktober 2023 (https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/publikationen-und-service/medieninformationen/nsb-anzeigeseite.msg-id-98053.html) hat das BSV mitgeteilt, dass die seit langem in der Kritik stehende Gutachterstelle PMEDA Zürich keine Aufträge der Invalidenversicherung mehr erhält. Ursächlich dafür sind offenbar von der neu eingesetzten Kommission für die Qualität der medizinischen Begutachtungen (EKQMB) festgestellte Mängel an die Anforderungen und die Qualitätskriterien von solchen Gutachten.
Die Mitteilung ist in doppelter Hinsicht erfreulich.
So liegt es im Interesse einer objektiven, neutralen und fairen Beurteilung von Leistungsansprüchen, dass die Gutachterstelle PMEDA keine weiteren Gutachten mehr erhält. Alsdann zeigt es auch, dass die EKQMB ihre Aufgabe sehr ernst nimmt und deren Empfehlungen im BSV auch berücksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund ist zu hoffen, dass die Kommission weiterhin kritisch die Gutachterstellen überprüft.
Welche Mängel festgestellt wurden, geht aus der Medienmitteilung nicht hervor. Diese Umstände werden jedoch massgeblich sein für die Frage, wie mit den Fällen umzugehen ist, in welchen Sozialversicherungen gestützt auf PMEDA-Gutachten Leistungsansprüche abgewiesen haben. Das BSV schreibt, dass in abgeschlossenen Fällen keine Neubeurteilung vorgenommen wird. So absolut gilt das sicher nicht. Relevant muss sein, welche Mängel bestanden haben.
Zutreffend ist sicher, dass – wie das BSV schreibt – die laufenden Fälle genau überprüft werden. Ebenso ist zu fordern, dass bei Neuanmeldungen nach PMEDA-Gutachten der Umstand der mangelnden Qualität mitberücksichtigt wird.
Hier Link zum Youtube Video welcher die Urteile genauer bespricht. Tod durch Blätter des blauen Eisenhutes (Urteil 8C_581/2016 vom 14. Februar 2017) Der Versicherte verstarb an den Blättern einer der giftigsten Pflanzen im Alpenraum, dem blauen Eisenhut. Zu beurteilen war die Frage, ob ein Suizid vorliegt oder ein Unfall durch Vergiftung. Insbesondere aufgrund des Umstandes, […]
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Tod durch Blätter des blauen Eisenhutes (Urteil 8C_581/2016 vom 14. Februar 2017)
Der Versicherte verstarb an den Blättern einer der giftigsten Pflanzen im Alpenraum, dem blauen Eisenhut. Zu beurteilen war die Frage, ob ein Suizid vorliegt oder ein Unfall durch Vergiftung. Insbesondere aufgrund des Umstandes, dass der Versicherte Kenntnis haben musste über die Giftigkeit der Pflanze, ging das Bundesgericht davon aus, dass ein Suizid und kein Unfallereignis vorlag. Daran konnte auch der Umstand nichts ändern, dass der Versicherte einige Wochen vor dem Tod noch ein Fahrrad gekauft hätte, was darauf hingedeutet haben soll, dass er sich auf das weitere Leben freute.
Unfall beim Mountainbiking (Urteil 8C_305/2022 vom 13. April 2023)
Bei einer Single-Trail-Fahrt mit dem Mountainbike blockierte das Vorderrad der Versicherten abrupt, was zu einer Stossbewegung in den Oberkörper führte. Die Versicherte machte ein Unfallereignis geltend. Das Bundesgericht verneint dieses unter dem Hinweis, dass abrupte Blockaden des Vorderrades bei einer Fahrt mit dem Mountainbike nicht als ungewöhnlich gelten und damit der Unfallbegriff nicht erfüllt sei.
Sprung ins untiefe Wasser (BGE 138 V 522)
Dem Urteil lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Versicherte rückwärts von einem 4 m hohen Baum in den Rhein sprang, wo dieser nur 80 cm tief war. Die Unfallversicherung kürzte wegen eines Wagnisses. Zu beurteilen war die Frage, welche Kenntnis ein Versicherter haben muss, damit eine Kürzung wegen einem Wagnis angenommen werden kann. Das Bundesgericht hielt fest, dass die Kürzung wegen einem Wagnis die Kenntnis darüber erfordere. Dabei seien jedoch nicht Kenntnisse der konkreten Umstände notwendig. Es reiche aus, dass die Kenntnis über die Gefahrenlage an sich bestand, was beim Sprung aus 4 m Höhe in Unkenntnis der Wassertiefe gegeben sei.
Hier Link zum Youtube-Video, welches das Urteil detailliert bespricht. Beim Zersägen eines Metallstabes mit einer Schleifscheibe spaltete sich die Schleifscheibe, was ein Geräusch verursachte, das einer kleinen Explosion glich. Auf dem Metallstück wurde zudem ein sehr hohes Pfeifen erzeugt. Der Beschwerdeführer erlitt dabei eine Hörstörung (Hörminderung und Tinnitus auf der rechten Seite). Zudem klagte er […]
Ein Tinnitus kommt selten allein! und das wird von den Unfallversicherungen gerne übersehen!
Hier Link zum Youtube-Video, welches das Urteil detailliert bespricht.
Beim Zersägen eines Metallstabes mit einer Schleifscheibe spaltete sich die Schleifscheibe, was ein Geräusch verursachte, das einer kleinen Explosion glich. Auf dem Metallstück wurde zudem ein sehr hohes Pfeifen erzeugt. Der Beschwerdeführer erlitt dabei eine Hörstörung (Hörminderung und Tinnitus auf der rechten Seite). Zudem klagte er über Schwindelstress, Angst- und Einschlafstörung, Brust- und Rückschmerzen usw. Die Suva und die Vorinstanz gingen von einem nicht objektivierbaren Tinnitus aus und verneinten den adäquaten Kausalzusammenhang für jegliche Geldleistungen
Das Bundesgericht hielt einmal mehr fest, dass bei Tinnitus, die nicht auf organisch bedingte Gesundheitsschäden zurückzuführen oder objektivierbar sind, die Adäquanzprüfung gemäss psychischen Störugen zur Anwendung kommt (E. 4.1.2). Bezogen auf die Tinnitusbeschwerden stellte das Bundesgericht fest, dass die Adäquanz zu Recht verneint wurde.
Im Zusammenhang mit der beantragten Integritätsentschädigung wurde die Angelegenheit jedoch an die Unfallversicherung zurückgewiesen mit dem Hinweis, dass die Suva aufgrund der Hörminderung – welche separat vom nicht objektivierbaren Tinnitus geprüft werden muss – verpflichtet gewesen wäre, Leistungen zu erbringen.
Schlussfolgerung:
Bei Beschwerden im Zusammenhang mit Knalltraumata resp. Schädigungen des Gehörs ist immer vor Augen zu halten, dass nur bezüglich des Tinnitus die Adäquanzprüfung vorgenommen werden muss und gesondert zu prüfen ist, ob allenfalls andere/weitere objektivierbare Schädigungen des Gehörapparates vorliegen.
Urteil des Bundesgerichtes 8C_400/2022 vom 21. Dezember 2022
Link zum Youtube-Video Eine Mutter schloss für ihre damals 14,5-jährige Tochter einen Versicherungsvertrag für eine Risikoversicherung ab (Todesfall und Invaliditätskapital bei Krankheit und Unfall). Zu beurteilen war eine Anzeigepflichtverletzung nach Art. 4 Abs. 1 VVG aus dem Jahr 2001. Mehr als 18 Jahre nach dem Versicherungsantrag wurde ein Leistungsantrag gestellt. In diesem wurde beschrieben, dass […]
Eine Mutter schloss für ihre damals 14,5-jährige Tochter einen Versicherungsvertrag für eine Risikoversicherung ab (Todesfall und Invaliditätskapital bei Krankheit und Unfall). Zu beurteilen war eine Anzeigepflichtverletzung nach Art. 4 Abs. 1 VVG aus dem Jahr 2001. Mehr als 18 Jahre nach dem Versicherungsantrag wurde ein Leistungsantrag gestellt. In diesem wurde beschrieben, dass die Versicherte seit dem Jahr 2020 an verschiedenen Beschwerden leide. Daraus leitete die beschwerdeführende Versicherung ab, dass Antragsfragen unzutreffend beantwortet worden seien. Zu den einzelnen Fragen wurde Folgendes festgehalten (E. 5.3.5): Eine der Fragen erkundigte sich ausschliesslich danach, ob das Kind «zurzeit» vollständig gesund war. Eine psychische Beeinträchtigung im Abschlusszeitpunkt wurde nicht festgehalten. Die Frage wurde als nicht falsch beantwortet beurteilt. Daraus, dass das Kind drei Jahre vor dem Versicherungsantrag in Behandlung war, kann die Versicherung nichts ableiten. Es ist nicht relevant, zumal die Frage sehr offen formuliert war.
Zu beantworten war, ob das Kind in den letzten fünf Jahren wegen Krankheiten der Atmungsorgane oder depressiven oder nervösen Störungen hat behandelt werden müssen. Die Versicherung brachte vor, es hätten die Besuche bei der Kinderpsychologin angegeben werden müssen. Die Mutter durfte die Frage so verstehen, dass nach Störungen oder psychischen Beeinträchtigungen mit Krankheitswert gefragt wurde. Solche seien nicht festgestellt worden. Auch der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin als junges Mädchen sechs Jahre lang durch einen Kinderpsychologen begleitet wurde, lasse nicht schliessen, dass bereits in jungen Jahren Unterstützungsbedarf in psychologischer Hinsicht bestand. Daraus könne nicht ohne weiteres abgeleitet werden, dass sie dannzumal unter der psychischen Störung oder einer psychischen Erkrankung litt.
Link zum Youtube-Video, welches das Urteil genau bespricht. Strittig war die Eigenschaft als Arbeitnehmer. Der Beschwerdeführer machte geltend, bei der B GmbH (Zweck Beratung von Unternehmen in Business- und Transformationsprozessen usw.) angestellt gewesen zu sein. Es lagen unterschiedliche Arbeitsverträge vor, welche vorerst eine Entlöhnung auf Provisionsbasis und erst später einen Fixlohn vorsahen. Der Beschwerdeführer habe […]
Link zum Youtube-Video, welches das Urteil genau bespricht.
Strittig war die Eigenschaft als Arbeitnehmer. Der Beschwerdeführer machte geltend, bei der B GmbH (Zweck Beratung von Unternehmen in Business- und Transformationsprozessen usw.) angestellt gewesen zu sein. Es lagen unterschiedliche Arbeitsverträge vor, welche vorerst eine Entlöhnung auf Provisionsbasis und erst später einen Fixlohn vorsahen. Der Beschwerdeführer habe weder Stunden- noch Arbeitsrapporte geführt, noch seien im In- und Ausland für die Vermittlertätigkeit Spesen angefallen. Im Strafverfahren konnten keine vom Beschwerdeführer vermittelte oder akquirierte Kunden genannt werden. Ebenso hat er sich nur vage zum Beziehungsnetzwerk geäussert. Auch Aussagen von Dritten gingen dahin, dass der Beschwerdeführer keine Kunden gehabt habe. Eine effektiver Lohnfluss im arbeitsvertraglich festgelegten Ausmass von Fr. 10’000.00 sei nicht erfolgt. Es bestanden zwar Quittungen mit dem Vermerk Vergütung, doch ist aus diesen Quittungen nicht nachvollziehbar hervorgegangen, wofür diese Vergütungen erfolgten. In der Gesamtwürdigung der Umstände wurde die vorinstanzliche Beurteilung, dass kein Lohn ausgerichtet wurde und somit keine Versicherungsdeckung nach Art. 1a UVG besteht, als nicht willkürlich erachtet und geschützt. Daran kann auch nichts ändern, dass die Staatsanwaltschaft in einem Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Konkurs von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen ist. Auch der Umstand, dass die Zeugenaussagen gemäss der Einstellungsverfügung anders gewürdigt wurden, lässt nicht auf Willkür schliessen (E. 6.2.3.1).
Im Rahmen der Abklärungen des Leistungsanspruchs holte die Suva im Rahmen des Einspracheverfahrens ein orthopädisch-traumatologisches Gutachten bei Prof. Dr. med. D., Leiter der Klinik für Traumatologie am Spital C., ein. Gestützt darauf hielt die Suva im Einspracheentscheid an der Leistungseinstellung unverändert fest. In der Folge hatte sich das Bundesgericht mit der Rechtmässigkeit der Gutachtensvergabe und […]
Im Rahmen der Abklärungen des Leistungsanspruchs holte die Suva im Rahmen des Einspracheverfahrens ein orthopädisch-traumatologisches Gutachten bei Prof. Dr. med. D., Leiter der Klinik für Traumatologie am Spital C., ein. Gestützt darauf hielt die Suva im Einspracheentscheid an der Leistungseinstellung unverändert fest. In der Folge hatte sich das Bundesgericht mit der Rechtmässigkeit der Gutachtensvergabe und der Beweiswertigkeit des Gutachtens zu befassen.
Prof. Dr. med. D. wurde persönlich mandatiert. Weder die Suva noch die kantonale Vorinstanz gingen davon aus, die Vergabe des Auftrags sei an eine institutionelle Begutachtungsstelle, hier die Klinik für Traumatologie am Spital C., erfolgt. Das Gutachten ist allein von Prof. Dr. med. D. unterzeichnet. Nicht erwähnt wird die Mitwirkung von Dr. med. E. Dieser nahm unbestrittenermassen am ersten Tag der Exploration den überwiegenden Teil der Untersuchungen vor, also Aufgaben, die für die Gutachtenserstellung von grundlegender Bedeutung sind. Das Bundesgericht ging folglich von der Mitwirkung von Prof. Dr. med. E. bei der Erstellung des Gutachtens aus. Für diese Mitwirkung spricht insbesondere auch der Umstand, dass das Sekretariat von Prof. Dr. med. D. die Suva bezüglich der Exploration des verunfallten Versicherten an Prof. Dr. med. E. verwies, und dieser weiter auch gegenüber der Suva den Empfang der Akten bestätigte.
Das Bundesgericht hatte folglich zu prüfen, ob durch diese Mitwirkung von Prof. Dr. med. E. die durch Art. 44 ATSG Voraussetzungen für die Einholung von externen Gutachten eingehalten wurden oder nicht.
Das Bundesgericht erinnerte an seine Rechtsprechung von BGE 146 V 9, E. 4.2.3, dass Art. 44 ATSG und die Mitwirkungsrechte der versicherten Person die Bekanntgabe die Namen der beauftragten Personen vor der Begutachtung beinhaltet. Dies erstreckt sich nicht auf Dritte, welche den Gutachter bei Nebentätigkeiten – wie beispielsweise die Durchführung medizinischer Analysen wie bspw. eine Blutentnahme – unterstützt, die nicht zu den Kernaufgaben der Begutachtung gehören. Nicht zu diesen Nebentätigkeiten gehört die Erstellung der grundlegenden Anamnese der versicherten Person, die Zusammenfassung und Analyse der Krankenakte oder die Überprüfung des Gutachtens auf seine Stichhaltigkeit hin. Die intellektuelle Aktivität, die der Arzt in diesen Situationen entfaltet, kann das Ergebnis des Gutachtens beeinflussen, weshalb in diesen Fällen keine untergeordnete Nebentätigkeit vorliegt (BGE 146 V 9, E. 4.2.3).
Angewendet auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, so das Bundesgericht, dass das Vorgehen aufgrund der Mitwirkung von Prof. Dr. med. E. bei der Beauftragung und der Durchführung des Gutachtensauftrages nicht den Anforderungen von Art. 44 ATSG entsprochen hat und das Gutachten damit grundsätzlich nicht beweiswertig ist und durch dieses Vorgehen das rechtliche Gehör des Versicherten verletzte. Dieses Ergebnis ist begrüssenswert.
Das Bundesgericht lässt leider aber eine Hintertür offen. Es hält fest, dass das Gutachten „dergestalt zumindest vorläufig“ nicht beweiswertig ist, und weist die Angelegenheit an die Suva zurück, damit diese insbesondere den konkreten Umfang der Mitwirkung von Prof. Dr. med. E. abklärt. Das ist nicht nachvollziehbar, hat das Bundesgericht doch deutlich festgehalten, dass Prof. Dr. med. E. mit der unbestrittenen „Übernahme der Untersuchungen“ eben gerade keine untergeordneten Aufgaben durchgeführt hat. Was für neue Erkenntnisse aus den weiteren Abklärungen und/oder der nachträglichen Zustimmung von Prof. Dr. med. E. zum Gutachten, durch die Suva noch hervorgehen sollten, die an diesem Ergebnis und der daraus folgenden Beweiswertigkeit etwas ändern könnten, erschliesst sich nicht. Vielmehr wäre wohl grundsätzlich ein neues Gutachten unter Einhaltung der Regeln von Art. 44 ATSG einzuholen.
Das Spital A. gewährt seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit bis zu einem Jahreshaushaltseinkommen von Fr. 146’000.00 netto eine anteilsmässige finanzielle Beteiligung an den Kinderbetreuungskosten. Der auf dieser Grundlage ausgerichtete Beitrag für eine Kindertagesstätte ist einkommensabhängig und umgekehrt proportional (je nach Einkommenshöhe zwischen 60 und 40 %, Urteil E. 6.2) zum Einkommen. Das Bundesgericht hatte […]
Arbeitgeberbeiträge an die Kinderbetreuung – AHV-pflichtiges Einkommen?
Das Spital A. gewährt seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit bis zu einem Jahreshaushaltseinkommen von Fr. 146’000.00 netto eine anteilsmässige finanzielle Beteiligung an den Kinderbetreuungskosten. Der auf dieser Grundlage ausgerichtete Beitrag für eine Kindertagesstätte ist einkommensabhängig und umgekehrt proportional (je nach Einkommenshöhe zwischen 60 und 40 %, Urteil E. 6.2) zum Einkommen. Das Bundesgericht hatte in einem kürzlich erschienenen, zur Publikation vorgesehenen Urteil darüber zu entscheiden, ob es sich bei diesen Beiträgen des Arbeitgebers als massgebender Lohn i.S. des AHVG handelt und darauf AHV-Beiträge zu entrichten sind oder nicht.
Als massgebender, AHV-pflichtiger Lohn gilt nach Art. 5 Abs. 2 AHVG nicht nur unmittelbares Entgelt für geleistete Arbeit, sondern jede Entschädigung oder Zuwendung, welche sonstwie aus dem Arbeitsverhältnis bezogen oder in diesem wirtschaftlich hinreichend begründet wird. Es kann aber – bei Vorliegen einer besonderen Rechtsgrundlage – nach Art. 5 Abs. 4 i.V.m. Art. 6 ff. AHVV eine Beitragsfreiheit bestehen. Art. 6 Abs. 2 lit. f AHVV nimmt in diesem Sinne «Familienzulagen, die als Kinder-, Ausbildungs-, Haushalts-, Heirats- und Geburtszulagen im orts- und branchenüblichen Rahmen gewährt werden» vom AHV-pflichtigen Erwerbseinkommen aus.
Die kantonale Vorinstanz hat diesbezüglich erwogen, dass diese Beiträge im Grunde dem gleichen Zweck wie die (beitragsfreien) Familien- und Haushaltszulagen dienen, und deshalb von der AHV-Beitragspflicht ausgenommen sind. Hiergegen führte das Bundesamt für Sozialversicherung Beschwerde ans Bundesgericht. Das Bundesgericht hatte folglich zu prüfen, ob die durch das Spital A. gewährten Beiträge für die Kinderbetreuung unter diesen Begriff der beitragsbefreiten «Familienzulage» fallen oder nicht.
Es erwog hierzu zunächst, dass gemäss Rz. 2166 der Wegleitung über den massgebenden Lohn in der AHV, IV und EO (WML) Haushaltszulagen i.S.v. Familienzulagen „feste, von der Höhe des Lohnes unabhängige Leistungen darstellen, welche für alle anspruchsberechtigten Arbeitnehmenden eines Betriebes gleich hoch sein müssen, um von der AHV-Beitragspflicht ausgenommen zu sein“. Das Bundesgericht nahm weiter auch eine Auslegung des Bundesgesetzes über die Familienzulagen (FamZG) vor. Dieses definiert als Familienzulagen «einmalige oder periodische Geldleistungen, die ausgerichtet werden, um die finanzielle Belastung durch ein oder mehrere Kinder teilweise auszugleichen» (Art. 2 FamZG). Das Bundesgericht kam auch in der Auslegung des FamZG zum Schluss, dass eine „Familienzulage“ zusammenfassend dadurch ausgezeichnet wird, dass sie unabhängig vom finanziellen Bedarf ausgerichtet wird.
Dies war bei der vorliegend zu prüfenden Beteiligung des Spitals A. an den Kinderbetreuungskosten gerade nicht der Fall. Es wurde nach dem elterlichen Einkommen differenziert und sie kommt nicht allen Mitarbeitenden in gleicher Höhe zu. Es wurde weiter im Reglement festgelegt, dass der Arbeitgeberbeitrag nur bis zum Eintritt des Kindes in die Primarschule gewährt wird und an das Arbeitsverhältnis gekoppelt ist. Es musste ebenfalls die betriebseigene oder eine angeschlossene Kindertagesstätte berücksichtigt werden, und eine über das Arbeitspensum hinausgehende Betreuung war zum Vorherein ausgeschlossen. Es konnte somit auch bei der Unterschreitung der Einkommensgrenzen nicht jeder Mitarbeiter/jede Mitarbeiterin von diesem Beitrag profitieren. Die Verknüpfung mit dem Grad der Erwerbstätigkeit wollte der Gesetzgeber mit dem Erlass des FamZG gerade beheben.
Das Bundesgericht kam deshalb zum Schluss, dass es sich nicht um eine von der Beitragspflicht befreite Familienzulage handelt, und bestätigte den Einspracheentscheid der Ausgleichskasse, welcher die Beiträge an die Kinderbetreuung zum massgebenden Lohn zählte und sie der Beitragspflicht unterstellte.
Urteil BGer 9C_466/2021 vom 17. Oktober 2022 (zur Publikation vorgesehen)
Als Unfall gilt nach Art. 4 ATSG die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat. Zentrales Element hier ist der ungewöhnliche äussere Faktor. Ein solcher liegt vor, wenn er nach einem objektiven Massstab nicht […]
„Unfall“ beim Treppensteigen – Unfallereignis zu bejahen oder nicht?
Als Unfall gilt nach Art. 4 ATSG die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat. Zentrales Element hier ist der ungewöhnliche äussere Faktor. Ein solcher liegt vor, wenn er nach einem objektiven Massstab nicht mehr im Rahmen dessen liegt, was für den jeweiligen Lebensbereich alltäglich und üblich ist. Insbesondere bei einer unkoordinierten Bewegung ist ein solcher zu bejahen. Dabei gilt aber das Erfordernis, dass ein in der Aussenwelt begründeter Umstand den natürlichen Ablauf einer Körperbewegung «programmwidrig» beeinflussen muss. Das trifft nach der bundegerichtlichen Rechtsprechung insbesondere bei einem Stolpern, Ausgleiten oder Anstossen zu, oder wenn zur Verhinderung eines Ausgleitens versucht wird, eine reflexartige Abwehrhaltung ausgeführt wird.
Im vorliegenden durch das Bundesgericht zu prüfenden Fall trat der Versicherte beim Tragen von Material auf einer Treppe mit dem linken Fuss schlecht auf der Treppenstufe auf und ist nach unten auf den darunterliegenden Tritt eingebrochen. Es ist lediglich mit den Zehenspitzen auf die Treppenstufe aufgetreten. Bei diesem Vorgang zog er sich eine hochgradige Partialruptur der Achillessehne zu. Das Bundesgericht hatte darüber zu befinden, ob dieses Vorkommnis den Unfallbegriff nach Art. 4 ATSG zu bejahen ist und die Unfallversicherung dafür leistungspflichtig ist oder nicht.
Grundsätzlich stellt Treppensteigen eine alltägliche Lebensverrichtung und Beanspruchung des Körpers ohne erhöhtes Gefährdungspotential dar. Das Bundesgericht weist auf verschiedene Urteile hin, bei denen es schon Schädigungen im Zusammenhang mit Treppen hin. Zusammenfassend braucht es auch beim Treppensteigen oder bspw. dem Benutzer eines Steppers einen aussergewöhnlichen Vorgang resp. ein besonderes Vorkommnis, wie einen Treppensturz oder ein ausgewiesener Misstritt beim Treppensteigen.
Angewendet auf den vorliegenden Fall erblickte die Vorinstanz im «nicht richtig Auftreten» auf der Treppe eine solche ungewöhnliche unkoordinierte Bewegung. Das Bundesgericht hielt fest, dass ein Misstritt oder ein Sturz nicht vorgelegen hat, und der Versicherte auch nicht das Gleichgewicht verloren hat oder ins Leere getreten ist. Auch war die Treppe nicht ungewöhnlich beschaffen, wie bspw. vereist oder nass. All dies hätte für einen ungewöhnlichen äusseren Faktor gesprochen. Aber ein solcher lag nach Ansicht des Bundesgerichts entgegen der Vorinstanz nicht vor. Das blosse Auftreten mit nur dem vorderen Teil des Fusses und nicht mit der gesamten Fussfläche genügt hierfür nicht, es liegt kein ungewöhnlicher Vorgang vor. Das Absinken der Ferse auf den tiefer liegenden Tritt sprengt den Rahmen des zu Erwartenden beim Treppensteigen nicht, und stellt kein besonderes Vorkommnis dar. Ein Unfallereignis i.S.v. Art. 4 ATSG liegt deshalb nicht vor.
Bei der erlittenen Partialruptur der Achillessehne handelt es sich möglicherweise um eine Listenverletzung nach Art. 6 Abs. 2 UVG (unfallähnliche Körperschädigung). Da die Vorinstanz den Unfallbegriff bejaht hat, setzte es sich auch nicht mit dieser Frage auseinander. Hierfür wies das Bundesgericht die Angelegenheit an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung zurück.