Arbeitgeberbeiträge an die Kinderbetreuung – AHV-pflichtiges Einkommen?

by Kaspar Gehring

 

Das Spital A. gewährt seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit bis zu einem Jahreshaushaltseinkommen von Fr. 146’000.00 netto eine anteilsmässige finanzielle Beteiligung an den Kinderbetreuungskosten. Der auf dieser Grundlage ausgerichtete Beitrag für eine Kindertagesstätte ist einkommensabhängig und umgekehrt proportional (je nach Einkommenshöhe zwischen 60 und 40 %, Urteil E. 6.2) zum Einkommen. Das Bundesgericht hatte in einem kürzlich erschienenen, zur Publikation vorgesehenen Urteil darüber zu entscheiden, ob es sich bei diesen Beiträgen des Arbeitgebers als massgebender Lohn i.S. des AHVG handelt und darauf AHV-Beiträge zu entrichten sind oder nicht.

Als massgebender, AHV-pflichtiger Lohn gilt nach Art. 5 Abs. 2 AHVG nicht nur unmittelbares Entgelt für geleistete Arbeit, sondern jede Entschädigung oder Zuwendung, welche sonstwie aus dem Arbeitsverhältnis bezogen oder in diesem wirtschaftlich hinreichend begründet wird. Es kann aber – bei Vorliegen einer besonderen Rechtsgrundlage – nach Art. 5 Abs. 4 i.V.m. Art. 6 ff. AHVV eine Beitragsfreiheit bestehen. Art. 6 Abs. 2 lit. f AHVV nimmt in diesem Sinne «Familienzulagen, die als Kinder-, Ausbildungs-, Haushalts-, Heirats- und Geburtszulagen im orts- und branchenüblichen Rahmen gewährt werden» vom AHV-pflichtigen Erwerbseinkommen aus.

Die kantonale Vorinstanz hat diesbezüglich erwogen, dass diese Beiträge im Grunde dem gleichen Zweck wie die (beitragsfreien) Familien- und Haushaltszulagen dienen, und deshalb von der AHV-Beitragspflicht ausgenommen sind. Hiergegen führte das Bundesamt für Sozialversicherung Beschwerde ans Bundesgericht. Das Bundesgericht hatte folglich zu prüfen, ob die durch das Spital A. gewährten Beiträge für die Kinderbetreuung unter diesen Begriff der beitragsbefreiten «Familienzulage» fallen oder nicht.

Es erwog hierzu zunächst, dass gemäss Rz. 2166 der Wegleitung über den massgebenden Lohn in der AHV, IV und EO (WML) Haushaltszulagen i.S.v. Familienzulagen „feste, von der Höhe des Lohnes unabhängige Leistungen darstellen, welche für alle anspruchsberechtigten Arbeitnehmenden eines Betriebes gleich hoch sein müssen, um von der AHV-Beitragspflicht ausgenommen zu sein“. Das Bundesgericht nahm weiter auch eine Auslegung des Bundesgesetzes über die Familienzulagen (FamZG) vor. Dieses definiert als Familienzulagen «einmalige oder periodische Geldleistungen, die ausgerichtet werden, um die finanzielle Belastung durch ein oder mehrere Kinder teilweise auszugleichen» (Art. 2 FamZG). Das Bundesgericht kam auch in der Auslegung des FamZG zum Schluss, dass eine „Familienzulage“ zusammenfassend dadurch ausgezeichnet wird, dass sie unabhängig vom finanziellen Bedarf ausgerichtet wird.

Dies war bei der vorliegend zu prüfenden Beteiligung des Spitals A. an den Kinderbetreuungskosten gerade nicht der Fall. Es wurde nach dem elterlichen Einkommen differenziert und sie kommt nicht allen Mitarbeitenden in gleicher Höhe zu. Es wurde weiter im Reglement festgelegt, dass der Arbeitgeberbeitrag nur bis zum Eintritt des Kindes in die Primarschule gewährt wird und an das Arbeitsverhältnis gekoppelt ist. Es musste ebenfalls die betriebseigene oder eine angeschlossene Kindertagesstätte berücksichtigt werden, und eine über das Arbeitspensum hinausgehende Betreuung war zum Vorherein ausgeschlossen. Es konnte somit auch bei der Unterschreitung der Einkommensgrenzen nicht jeder Mitarbeiter/jede Mitarbeiterin von diesem Beitrag profitieren. Die Verknüpfung mit dem Grad der Erwerbstätigkeit wollte der Gesetzgeber mit dem Erlass des FamZG gerade beheben.

Das Bundesgericht kam deshalb zum Schluss, dass es sich nicht um eine von der Beitragspflicht befreite Familienzulage handelt, und bestätigte den Einspracheentscheid der Ausgleichskasse, welcher die Beiträge an die Kinderbetreuung zum massgebenden Lohn zählte und sie der Beitragspflicht unterstellte.

 

Urteil BGer 9C_466/2021 vom 17. Oktober 2022 (zur Publikation vorgesehen)

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