Krankenkasse verweigert Krebsnachbehandlung / Bundesgericht korrigiert

by Kaspar Gehring

Link zum Youtube-Video, welches das Urteil detailliert bespricht

Bei der 1973 geborenen Versicherten trat nach der Entfernung eines Mammakarzinoms ein Lymphödem am rechten Arm auf. Aufgrund einer Schwellung wurde vom behandelnden Arzt eine Operation empfohlen. Die Krankenkasse verweigerte die Kostengutsprache. Der Entscheid wurde vom kantonalen Gericht gestützt.

Das Bundesgericht hat die Vorinstanz dazu verpflichtet, weitere Abklärungen vorzunehmen. Dies unter Hinweis auf die Pflichtleistungsverletzung und auf die WZW-Kriterien (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit).

Gemäss der Pflichtleistungsvermutung erfüllen von Ärztinnen und Ärzten resp. Chiropraktoren und Chiropraktorinnen erbrachte Leistungen eben diese WZW-Kriterien und müssen von den Krankenkassen übernommen werden. Die Pflichtleistungsvermutung gilt nicht absolut. Wenn eine Krankenversicherung mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit die Pflichtleistungsvermutung widerlegen kann, so entfällt die Leistungspflicht. Im vorliegenden Fall hat die Krankenkasse einen vertrauensärztlichen Bericht vorgelegt, in welchem die WZW-Kriterien „in Zweifel gezogen“ wurden. Das Bundesgericht hat dazu festgehalten, dass das lediglich „in Zweifel ziehen“ nicht ausreicht, um die Pflichtleistungsvermutung zu widerlegen.

Bemerkungen:

Es ist begrüssenswert, dass das Bundesgericht wieder einmal die Bedeutung der Pflichtleistungsvermutung klarstellt. In der Praxis wird diese von den Krankenversicherern nicht beachtet. Etwas stossend ist hingegen der Umstand, dass das Bundesgericht lediglich einen Rückweisungsentscheid getroffen hat. Die Krankenkasse verfügt über ausreichend juristische und medizinische Kenntnisse, um eine sorgfältige Abklärung vorzunehmen. Der Rückweisungsentscheid führt dazu, dass die Versicherte noch länger auf die Operation warten muss, was an sich unhaltbar ist.

Urteil BGer 9C_712/2020 vom 24. Januar 2022

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