Relative Widerrufbarkeit des Optionsrechts zur Unterstellung unter die schweizerische obligatorische Grundversicherung

by Kaspar Gehring

Nach dem Anhang des FZA sowie Art. 2 Abs. 6 KVV können Personen auf Gesuch hin von der schweizerischen Versicherungspflicht im KVG ausgenommen werden, wenn:

  • sie in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union wohnen
  • nach dem Anhang FZA von der Versicherungspflicht befreit werden können
  • nachweisen, dass sie während eines Aufenthaltes in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union und die Schweiz für den Krankheitsfall gedeckt sind.

Die Praxis ist davon ausgegangen, dass die einmal getroffene Wahl nicht widerrufen werden kann.

Als Ergänzung zu ausländischen Lösungen haben sich offenbar viele Versicherte, die sich von der Unterstellung unter die schweizerische Krankenversicherung haben befreien lassen, neben den ausländischen Sozialversicherungsdeckungen bei der SWICA über die Versicherung MONDIAL versichert. Dies um den gleichwertigen Versicherungsschutz sicher zu stellen. Die SWICA hat das Versicherungsprodukt 2016 eingestellt. Damit waren die versicherungsmässigen Voraussetzungen (gleichwertiger Versicherungsschutz) für die Ausübung des Optionsrechtes nicht mehr gegeben.

Das Bundesgericht hat bereits früher einmal (9C_561/2016, am 27. März 2017) entschieden, dass das Optionsrecht einen «relativ widerruflichen Charakter» habe.

Im nun vorliegenden Entscheid war umstritten, ob mit der Einstellung des Versicherungsproduktes MONDIAL ein Grund für eine Neuausübung des Optionsrechtes bestand. Das Bundesgericht hat entschieden, dass der unverschuldete Verlust der Krankenversicherungsdeckung durch die Einstellung eines VVG-Versicherungsproduktes einen besonderen Grund darstellt, welcher eine erneute Optionierung resp. das Zurückkommen auf den Optionsentscheid zulässt.

Nicht geäussert hat sich das Bundesgericht zur Frage der Frist zur Wiederausübung des Optionsrechtes. Hier geht die Praxis von einer 3-monatigen Frist aus. Inwieweit diese Frist einzuhalten ist resp. wann sie als eingehalten gilt, wird in Folgeurteilen zu klären sein.

Urteil 9C_30/2020 vom 14. Juni 2020

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