Fristenfalle A-Post Plus

by Kaspar Gehring

Seit einiger Zeit stellen Versicherungen ihre Entscheide vermehrt mit A-Post Plus-Sendungen zu. Das kann zu Unklarheiten resp. Unsicherheiten bei der Fristberechnung und Fristeinhaltung führen. Im Unterschied zu eingeschriebenen Postsendungen wird bei der A-Post Plus-Sendung von der Post registriert, wann das Schreiben in den Briefkasten oder ins Postfach des Adressaten gelegt wird. Das Bundesgericht geht davon aus, dass mit dem Einwurf in den Briefkasten oder ins Postfach des Adressaten das Schreiben in den Macht- bzw. Verfügungsbereich des Empfängers gelangt ist und damit der Fristenlauf ausgelöst wurde. Dies unabhängig davon, ob der Empfänger vom Entscheid tatsächlich Kenntnis nimmt (BGE 142 III 599). Das kann zum «Problem» werden, wenn das Postfach oder der Briefkasten erst später geleert wird und dabei nicht berücksichtigt wird, wann die Sendung eingeworfen wurde. Die Fiktion der Kenntnisnahme im Zeitpunkt des Einwurfs des Briefes ins Postfach oder in den Briefkasten wird vom Bundesgericht sehr streng gehandhabt. Es hat in mehreren Fällen dazu geführt, dass Fristen verpasst wurden. Daher empfiehlt es sich, bei A-Post Plus-Sendungen die Fristen besonders sorgfältig zu berechnen.

Die strenge Handhabe des Bundesgerichtes ist zu hinterfragen. Bei der Post wird nur der Einwurf in einen Briefkasten registriert. Es ist jedoch notorisch, dass es auch immer wieder zu Fehlzustellungen kommt. In diesen Fällen würde dann der Fristenlauf durch den Einwurf in das falsche Postfach resp. den falschen Briefkasten ausgelöst. Dies obwohl das Schreiben gar nicht in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist. Es ist daher zu postulieren, dass die Sendungsverfolgung zwar ein Hinweis für den Einwurf in den Briefkasten oder in das Postfach des Empfängers sein kann, jedoch nicht den zuverlässigen Beweis erbringt. Sofern anderweitige Nachweise vorliegen (wie z.B. ein Eingangsstempel), müsste auf diese abgestellt werden. Hier wird sich zeigen, wohin die bundesgerichtliche Rechtsprechung geht.

Link zum Urteil BGer 8C_604/2019 vom 18. Oktober 2019 mit Hinweisen auf weitere Urteile, insb. BGE 144 IV 57, 142 III 599, 8C_586/2018, 8C_124/2019 und 8C_271/2019

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